Eintritt frei
Um Anmeldung wird gebeten unter service@pact-zollverein.de
Die Veranstaltung findet im PACT-Foyer statt.
PACT Zollverein
Bullmannaue 20A
45327 Essen
Welche Kette von Arbeitsprozessen löst ein Click in einer App aus? Welche Körper werden dadurch bei Wind und Wetter in Bewegung gesetzt? Und wie verändern sich unsere Städte, wenn Arbeit nicht mehr an Räume gebunden ist, sondern durch eine flüchtige Architektur aus Routen, Daten und Likes gesteuert wird?
Das Versprechen von Dienstleistungen, die jederzeit direkt vor die eigene Haustür geliefert werden können, ist mittlerweile Alltag geworden. Plattformen wie Uber Eats, Gorillas oder Lieferando werden jedoch auf Kosten prekärer Arbeitsbedingungen betrieben, die oft Migrant:innen betreffen. Digitale Interfaces verbergen die materiellen Bedingungen, die solche Leistungen erst ermöglichen.
Der Abend bringt Menschen zusammen, die in den digitalen Ökonomien arbeiten, etwa in App-basierten Lieferdiensten, in der Logistik, oder im Care-Sektor. Welche Zukunft von Arbeit wird hier sichtbar, und welche wünschen wir uns? Eingeladen wird zu offenen Gesprächen, Erfahrungsberichten und solidarischer Vernetzung.
Mit Janne Martha Lentz, Semih Yalcin, Hedi Tounsi, Sebastian Randerath, metroZones e.V. / Jochen Becker, u.v.m.
›Arbeit. Clicks And Crowds‹ ist der Auftakt der neuen Reihe ›Hidden Futures‹ bei PACT, welche in Kooperation mit dem Käte Hamburger Kolleg: Cultures of Research (c:o/re) | RWTH Aachen entwickelt wird.
Ein Projekt im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser, gefördert durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Programm
19:00 Uhr
Willkommen, Einführungs, Offener Austausch
19:45 Uhr
Vortrag Janne Martha Lentz: ›Wenn die Logiken der Plattformökonomie ins Private eindringen‹
Reinigungskräfte, die über eine Plattform im Internet gebucht werden, arbeiten meist im Zuhause der Kund:innen – also in einem Raum, der nicht öffentlich kontrolliert wird und meist unsichtbar, weiblich besetzt und emotional aufgeladen ist. Anders als z.B. Personen, die für Lieferdienste arbeiten, sind Reinigungskräfte auf sich allein gestellt – es gibt keine standardisierten Abläufe oder Strukturen. Sie bewegen sich online und in fremden Haushalten, müssen mit unausgesprochenen Erwartungen, räumlicher Kontrolle und prekären Arbeitsbedingungen umgehen. Die vermittelnden Plattformen machen gezielt Profit mit bereits bestehenden Ungleichkeiten und verschärfen sie noch: Vertrauensbeziehungen, persönliche Netzwerke und Verantwortung werden durch digitale Systeme ersetzt, die auf die Bequemlichkeit der Kund:innen ausgerichtet sind – Arbeitskräfte müssen verfügbar und austauschbar sein. Hier zeigt sich die negative Seite der Plattformökonomie: unsichtbare Hausarbeit zwischen Smartphone, Putzmittel und den feinen Linien sozialer Ungleichheit.
Janne Martha Lentz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der Uni Graz. Sie arbeitet in einem Forschungsprojekt zu Plattformarbeit im Care-Sektor und fokussiert in ihrer Arbeit die Schnittstelle von Reproduktionsarbeit, Wohnen und Digitalisierung.
Content Notes: Beschreibung von patriarchalem Machtmissbrauch inkl. sexualisierter Gewalt von Kunden gegenüber Reinigungskräften
20:00 Uhr
Jochen Becker, metroZones: ›Stadt als Byte‹
Seit 2012 verfolgt metroZones – Zentrum für städtische Angelegenheiten in mehreren Projekten die Entwicklung der sogenannten »Kreativindustrien« – zwischen App, Mapping und Video sowie Ausstellung oder Performance. Unter dem Stichwort ›Tech-Urbanismus‹ geht es darum, wie wissenschaftliche Forschungsergebnisse und Technologioen in Städten praktisch angewendet werden. Beispiele sind Gebäude, Verdrängung, Geschäftsmodelle, Daten-Staubsauger oder so genannte »bullshit jobs« (David Graeber).
Jochen Becker (Berlin) arbeitet als Autor, Kurator und Dozent und ist Mitbegründer von metroZones metroZones | Center for Urban Affairs und der station urbaner kulturen/nGbK Hellersdorf. Er kuratierte Chinafrika. under construction (Graz, Leipzig, Weimar, Shenzhen, Nürnberg) und beriet den Umzug des Düsseldorfer Theaters FFT. Dort entwickelte er das langjährige Projekt Stadt als Fabrik und Place Internationale (2017-22). Zuletzt entstand mit metroZones die Ausstellung Mapping Along (Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, Berlin, 2021) und Helle Fabrik, Dunkelkammer Produktion (Scharaun Berlin, Kunstraum München, 2023).
Sensorische Reize: Plötzliche Soundelemente
20:15 Uhr
Hedi Tounsi, Semih Yalcin, Sebastian Randerath: ›How to resist‹
›How_to_resist.gpx‹ gibt Einblicke in alltägliche und organisierte Widerstände in der plattformbasierten Lager- und Lieferarbeit. Skizziert werden Strategien von Plattformarbeiter:innen - zwischen Ermüdung, Störungen und Streik. Wie kann Widerstand in einem Arbeitsumfeld entstehen, das Menschen hinter algorithmischem Tracking verschwinden lässt? Wie entsteht Solidarität zwischen Jobs, Apps und Chatgruppen? Die Lecture-Performance verknüpft gelebte Erfahrungen von Arbeiter:innen und Aktivist:innen mit künstlerischer Forschung und entwirft eine Toolbox für zukünftige Widerstände.
Sebastian Randerath ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Digitale Medienkultur an der Universität Bonn. Er setzt sich kritisch mit (digitalen) Medien und Arbeit auseinander – mit besonderem Fokus auf Widerstände, Tracking und Planung. Dabei bringt er seine Forschung in Dialoge mit künstlerischen Praktiken und aktivistischen Interventionen.
Hedi Tounsi ist Betriebsrat bei Amazon in Winsen (Luhe) und engagiert sich in mehreren Ausschüssen. Seine Schwerpunkte liegen auf Gesundheit am Arbeitsplatz, Mitbestimmung sowie dem Schutz vor Diskriminierung. Er nimmt regelmäßig an Konferenzen wie der AfA Niedersachsen und dem Betriebsräte-Tag teil, um sich weiterzubilden und zu vernetzen.
Semih Yalcin ist Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Lieferando und vertritt die Interessen der Beschäftigten seit über sechs Jahren. Er ist seit 2016 beim deutschen Ableger Lieferando (vorher Foodora/Delivery Hero), wo er als Kurierfahrer und Teamleiter angestellt ist.
20:45 Uhr
Offener Austausch und gemeinsames Abendessen