1/2/8 – Urban Frictions

1/2/8 — Urban Frictions
Forschungsfestival
mit Residenzen, Talks, Workshops
und öffentlichen Momenten
07.05.–02.06.2018

Wie lassen sich die Grenzen, Schichten und Strukturen einer Stadt lesen? Von welchen Kräften und Mechanismen werden die Gewebe und die Entwicklungen in der Stadt geleitet? Wie entstehen im komplexen urbanen Gefüge selbstbestimmte und vielfältige Zwischen- und Handlungsräume? Welche Rolle kann darin die Kunst spielen?

Das Forschungsfestival 1/2/8 ging im Mai 2018 (07.05.–02.06.2018) in die dritte Runde: internationale Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Expert*innen verwandelten PACT und die WerkStadt in Orte des fokussierten Austauschs von Wissen und Praxis. Ins Zentrum rückte die Stadt als künstlerischer, sozialer und politischer Wirkungsraum, insbesondere als ein Ort der Verdichtung, wo das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Infrastrukturen, Bedürfnisse und Lebensrealitäten Komplexität und produktive Reibung entstehen lässt.

Anschließend an den Zeitraum ihrer Forschungsresidenz gaben die Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Expert*innen am Samstag, den 26.05., einen Abend lang Einblick in ihre Arbeitsprozesse und luden zu Happenings, Gesprächen und Performances ein.

Im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts ›Claiming Common Spaces‹ des Bündnisses internationaler Produktionshäuser, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Einblicke in die Arbeitsprozesse der Resident*innen wurden während des Forschungsfestivals veröffentlicht und sind weiterhin abzurufen unter:

Journal

Urban Frictions
Illustration: Stefanie Levers

PLAYFUL COMMONS

Playful Commons
Photo: Christine Grosche

SA 26.05. 17 UHR – in der WerkStadt, Viktoriastraße 5
PLAYFUL COMMONS
Die Genehmigungswerkstatt


Ausstellung / Spaziergang

Das künstlerische Forschungsprojekt Playful Commons (bestehend aus der Urbanistin Jennifer Aksu, der Kuratorin Gilly Karjevsky und dem Spiele-Entwickler Sebastian Quack) beschäftigt sich mit der Nutzung von urbanen Freiräumen. Kann der Gehweg zum Spielplatz werden, oder der Grünstreifen zum perfekten Ort für einen Liegestuhl – wer kontrolliert eigentlich den urbanen Raum? Playful Commons lud zu einem ungewöhnlichen Stadtteilspaziergang durch Essen-Katernberg ein, der sich entlang humorvoller Anekdoten rund um absurde, gelungene und gescheiterte Genehmigungsprozesse bewegte. Startpunkt war um 17.30 Uhr die WerkStadt (Viktoriastraße 5, Essen-Katernberg) – dort präsentierte Playful Commons ›Die Genehmigungswerkstatt‹ auch im Rahmen einer Ausstellung. 

Neben der Realisierung von kleineren, kreativen „Sondernutzungen“ auf Marktplätzen, Grünflächen, Verkehrsinseln und Parkbuchten lag ein Fokus des Projekts darin, die Interessen, Verantwortungsbereiche und Vorgehensweisen von Verwaltungen und Stadtbewohner*innen im öffentlichen Raum verständlich und transparent zu machen. Wie können Genehmigungsprozesse vereinfacht werden? Unterstützung erhielt Playful Commons von der Urbanistin und Autorin Laura Bruns.

ROBERTO SANTAGUIDA

Roberto Santaguida
Photo: Christine Grosche

SA 26.05. ab 17 UHR
Roberto Santaguida 

Filminstallation

Der kanadische Künstler Roberto Santaguida zeigte seine dokumentarischen Filme auf zahlreiche Festivals im In- und Ausland. Im Rahmen des 1/2/8-Forschungsfestivals porträtierte er gemeinsam mit Juliane Beck, Cassidy Bankson, Dora Filipović und Emily Klassen in einer multimedialen Installation den Blick auf die Stadt aus der Perspektive von Menschen, die mit psychischen Erkrankungen leben. Wie erleben sie ihre Stadt und was bedeutet sie ihnen?

Roberto Santaguida zielt in seinem dokumentarischen Schaffen nicht darauf ab, durch filmische Kunstgriffe Erwartungen bei den Zuschauer*innen zu erzeugen, sondern setzt auf eine größtmögliche Direktheit, Intimität und Unmittelbarkeit des Gezeigten. Seine dokumentarische Soundinstallation basiert auf Gesprächen mit Menschen, die in Essen leben. Die aufgezeichneten Geräusche und Stimmen werden Teil einer sich kontinuierlich verändernden Installation. Auf einem Monitor werden Filmaufnahmen gezeigt, die sich zu einem Netz von Erzählungen verweben.

H-ARTLAB

h-artlab
Photo: Christine Grosche

SA 26.05. ab 17 Uhr
h-artlab

Installation

h-artlab entwickelt alternative Formen der Kartographie. Wie kann man Orte bemessen und darstellen, wenn man dabei weniger über deren territoriale Beschaffenheit, als über die verborgenen Erzählungen eines Ortes erfahren möchte? Für ›La Zone‹ zeigte das französische Künstlerkollektiv bei PACT ungewöhnliche Objekte, die sie als Fundstücke auf der Zeche Zollverein sammelten: ihre experimentelle, durch Methoden der Archäologie inspirierte Sammlung eröffnet neue Perspektiven auf das Gelände des Welterbes Zollverein. Wie kann man ein unbekanntes Gebiet außerhalb gängiger geographischer Methoden erschließen? h-artlab hinterfragt klassische Methoden der Erfassung von Räumen und stellt diesen einen sensiblen und subjektiven Ansatz entgegen.

HEFT

HEFT
Photo: Christine Grosche

SA 26.05. ab 19 Uhr und 21.30 Uhr
HEFT

Diskussion

HEFT (Ina Römling, Torben Körschkes) entwirft mobile Architekturen, die Diskussionskultur in den öffentlichen Raum tragen: es entstehen ungewöhnliche Installationen, in denen Menschen Platz nehmen können, um miteinander ins Gespräch zu kommen. In und um PACT entwickelten sie physische Ad-hoc-Strukturen aus Holz, Stoff und anderen Materialien und experimentierten mit unterschiedlichen Anordnungen und räumlichen Layouts – dabei sind ihre Architekturen nicht als statische Setzungen entworfen, sondern als flexible Anordnungen, die spezifischen Gegebenheiten und Bedürfnissen angepasst werden können.

http://www.heftraum.de/aktion

YOTAM SCHLEZINGER

Yotam Schlezinger
Photo: Christine Grosche

SA 26.05. 19 Uhr
Yotam Schlezinger

Konzert

Der Sound einer Stadt, ist das die Fülle der Geräusche aller Bewegungen, die Kakophonie, die durch das Stimmengewirr vieler Menschen entsteht? Oder doch etwas völlig Anderes? Der israelische Klangkünstler Yotam Schlezinger ging in seiner Soundinstallation diesen und anderen Fragen nach und zeichnete aus etlichen Tonaufnahmen ein spannungsreiches und manchmal widersprüchliches Porträt der Stadt Essen. Dabei interessiert Schlezinger sich gerade für die Momente, in denen Realität und Geräuschebene nicht zur Deckung kommen oder sich sogar widersprechen. In seiner Arbeit geht er der Frage nach, wie diese Dissonanz erfahrbar gemacht und zugleich in ihrer Widersprüchlichkeit erhalten werden kann.

LENIO KAKLEA

Lenio Kaklea
Photo: Christine Grosche

SA 26.05.
Lenio Kaklea

Ausstellung

Ab 17 Uhr
Encyclopédie pratique:
Portraits d'Aubervilliers, Publikation in englischer und französischer Sprache 
Porträt Nr. 7 | Marye Emel, Videoinstallation (15 min, Loop)

 

Solo-Performance

20 Uhr 
Portraits choisis
 

Über 300 Befragungen von Bewohner*innen und Passanten in den Pariser Banlieues sind der Ausgangspunkt der multimedialen Arbeit ›Encyclopédie pratique‹ der griechischen Künstlerin Lenio Kaklea. Von Januar bis September 2017 traf sie Bewohner*innen von Aubervillier, die mit der Künstlerin persönliche Tätigkeiten und Praktiken des Alltags teilten. In Form eines Buches und der Videoarbeit ›Portrait | 7: Maryse Emel‹ sammelte Kaklea diese Geschichten über die Realitäten, Bräuche und alltäglichen Rituale unterschiedlicher Menschen, die einen Lebensraum teilen. Eine choreographische Umsetzung, die die gesammelten Praktiken als Ausgangspunkt und Material verwendet, präsentierte Kaklea mit der Performance ›Portraits choisis‹ bei PACT auf der großen Bühne. 

Anschließend an das Projekt in Aubervillier führt Lenio Kaklea im Rahmen einer achtmonatigen Forschungsresidenz bei PACT weitere Befragungen in Essen-Katernberg durch. Auch diese Sammlung von Praktiken wird zu zukünftigen choreographischen Projekten und Publikationen führen.

NAMIK MACKIC & ANDREAS MÜLLER

Namik Mackic, Andreas Müller
Photo: Christine Grosche

SA 26.05. ab 21.30 Uhr
Namik Mackic & Andreas Müller

Lecture Performance

Namik Mackic arbeitet in den Bereichen Designforschung, Designpädagogik und strategisches Design und erforscht die Zusammenhänge zwischen Stadtplanung - sei es auf ökologischer, geopolitischer oder sozioökonomischer Ebene - und Konflikten. Andreas Müller ist Designer. Sein Interesse gilt dem städtischen Raum den er unter Einbeziehung der Stadtbewohner*innen als einen Ort untersucht, in dem unterschiedliche und sich teils widersprechende Interessen bezüglich seiner Nutzung aufeinandertreffen. Konstruierte Landschaften und die Rückstände der Konsumgesellschaft sind Bühne und Material für seine Installationen.

In einem ‚schrottspezifischen’ Ansatz gingen Namik Mackic und Andreas Müller in ihrer Zusammenarbeit von dem Material und den Werkzeugen aus, die sie auf dem Gelände der Zeche Zollverein vorfanden und zogen eine Verbindung zu anderen, durch Industriegeschichte geprägten Orten. Für ›1/2/8 – Urban Frictions‹ hat das Duo unter dem Titel ›Karst Interior‹ eine Raumsituation für eine Lecture-Performance entwickelt, die zugleich Analyse einer durch gewerbliche Nutzung geprägten Landschaft, ein exemplarisches Porträt einer Person und eine Kritik der technokratischen Urbanisierung ist. 

Special Guest: ABDUL DUBE

Abdul Dube

SA 26.05. ab 17 Uhr
Abdul Dube

Ausstellung und visuelle Dokumentation

Abdul Dube ist Kulturproduzent, Illustrator und Moderator. Mit graphischen Mitteln erfasst und komprimiert er in Echtzeit komplexe Inhalte von Veranstaltungen, Seminaren, Workshops und Meetings. Seine Visualisierungen ermöglichen eine spielerische Erfassung von komplexen Sinnzusammenhängen und öffnen einen Raum für weiterführende Gespräche. Er ist fasziniert von Konversationsprozessen in kleinen und großen Gruppen und möchte durch seine Arbeit Orientierungshilfe und Unterstützung für Räume des innovativen Dialogs und der Kreativität bereit stellen. Er studierte bei Kaospilot in Aarhus (Dänemark), lebt dort und arbeitet an der Schnittstelle zwischen visueller und Kulturplanung. 

Abdul begleitete das Forschungsfestival dokumentarisch. Die ausgestellten Illustrationen entstanden während des Festivals und bilden die Präsentationen der teilnehmenden Künstler*innen und Gastvortragenden ab.

Special Guest: SONAE

Sonae
Photo: Katja Ruge

SA 26.05. 22 Uhr
Sonae

Konzertperformance

Sonae ist Produzentin und DJ für experimentelle Elektronik und Teil des Labelkollektivs Monika Werkstatt. Im April 2018 erschien ihr zweites Album ›I Started Wearing Black‹ auf Monika Enterprise. Sonae lebt und arbeitet in Köln und ist Mitbegründerin des Netzwerkes und der Konzertreihe female:pressure. 

Sie studierte an der Folkwang Universität der Künste, war Artist in Residence am Kraftwerk-Studio Klingklang Düsseldorf und erhielt ein Stipendium der Stanford University für die Max/MSP Summer Class am CCRMA (USA). Live trat sie solo und mit Monika Werkstatt im Institut für Zukunft (Leipzig), Roter Salon (Berlin), Uh-Fest (Budapest), Cafe Oto (London) auf, unter anderem an der Seite von Squarepusher / Warp, Kyoka / Raster Noton.

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